Ein erheblicher Teil meiner Notizen besteht aus Links zu Webseiten, Videos, etc. die ich mir "bei Gelegenheit" mal ansehen möchte. Meistens lege ich mir dazu Bookmarks in meinem Webbrowser an, die dann vergessen gehen und mir erst beim Backup vor einer Neuinstallation wieder in die Finger geraten -- oder auch hier vergessen werden und somit für immer verloren sind. Eine Browser-Erweiterung zum Synchronisieren von Bookmarks könnte helfen, aber meistens ist man damit an einen bestimmten Browser gebunden (und die Daten landen in der Cloud des Herstellers).
Mit Linkding habe ich eine Anwendung gefunden, die komplett selbst gehostet werden kann und etliche meiner Anforderungen erfüllt:
Darüber hinaus erlaubt Linkding für jeden Bookmark die Vergabe eines Titels und einer Beschreibung, wobei die Felder automatisch mit den jeweiligen Infos der Webseite (Title-Tag bzw. Description-Meta-Tag) vorbelegt werden. Auch interessant ist die Möglichkeit die Internet Archive Wayback Machine einzubinden, sodass von der gebookmarkten Seite ein Snapshot erzeugt wird, für den Fall, dass die Seite später weg ist oder anders aussieht. Weitere Features umfassen verschiedene Themes (Dark Mode), eine REST-API sowie die Integration in die gängigen Webbrowser als Erweiterungen (Firefox, Chrome) oder als Bookmarklet.
Linkding ist auf den Einsatz mit Docker ausgelegt, ein entsprechendes
Image ist via Docker Hub verfügbar. Dort ist
auch eine Anleitung hinterlegt, die ich für mich ein wenig abgewandelt und zu dieser
docker-compose.yaml gemacht habe:
services:
app:
image: sissbruecker/linkding
volumes:
- ./linkding-data:/etc/linkding/data
ports:
- 9090:9090
environment:
- LD_SUPERUSER_NAME=admin
- LD_SUPERUSER_PASSWORD=admin
- LD_DISABLE_BACKGROUND_TASKS=True
Die Anleitung empfiehlt den Einsatz einer .env-Datei zur Konfiguration der Umgebungsvariablen, aber
ich bevorzuge für die paar wenigen Einträge den direkten Weg, damit ich alles auf einen Blick sehen
kann. Mit LD_SUPERUSER_NAME und LD_SUPERUSER_PASSWORD kann ein initialer Superuser
festgelegt werden; andernfalls muss man dies mit einem Konsolen-Befehl manuell erledigen. Wer seinem
Hauptbenutzer ohnehin Superuser-Rechte geben möchte kann auch diesen hier angeben.
Durch das Setzen der Variablen LD_DISABLE_BACKGROUND_TASKS wird der Background-Task-Scheduler
deakiviert. Zwar steht damit die Integration der Wayback Machine nicht mehr zur Verfügung, dafür aber
verbraucht Linkding rund 30 Megabyte weniger Arbeitsspeicher, was bei einem Gesamtbudget von 950 Megabyte auf
einem Raspberry Pi 3 durchaus hilfreich sein kann.
Nach dem ersten Login sollte bei obigem Setup das Admin-Passwort geändert und ein normaler Benutzer angelegt werden. Dazu dient unter "Settings" das Tab "Admin", das als neue Seite aufgeht. Dem neuen Benutzer kann ebenfalls der Superuser-Status gegeben werden, oder auch feiner aufgeteilte Fähigkeiten.
Linkding bietet von sich aus keine TLS-Unterstützung und ist damit ebenfalls ein Kandidat für den Einsatz eines Reverse-Proxy-Servers.
Da Linkding so exakt auf einen meiner Anwendungsfälle passt und mit dem Bookmarklet auch sehr bequem bedienbar ist, wird es ziemlich sicher Bestandteil meiner Personal Cloud werden. Der Verbrauch an Arbeitsspeicher lässt sich durch den Verzicht auf die Wayback-Machine-Integration etwas reduzieren; bis ich einen Raspberry Pi 4 oder ähnliches habe wird das wahrscheinlich notwendig sein, sofern ich nicht auf andere Anwendungen verzichten möchte.
Update: tatsächlich habe ich festgestellt, dass ich Linkding im Alltag kaum benutze. Zum einen ist der Stern-Button im Browser doch einfacher und schneller, zum anderen sind viele Bookmarks eher kurzlebig; um eine Stelle im Web wiederzufinden. Meistens merke ich mir auch lieber, wie ich etwas gefunden habe (also die passenden Schlagworte zum Suchen), anstatt wo ich es gefunden habe. Außerdem belegt Linkding auch im Leerlauf rund 120 MB Arbeitsspeicher, was mir für einen kaum genutzten Dienst zu viel war.