Die Rückkehr ins alte Gehäuse

Eine Reihe von Ereignissen

Wie bereits erwähnt war das ursprüngliche Netzteil nicht mehr betriebssicher. Mindestens die Kondensatoren auf der Sekundärseite waren hinüber, mein Arbeitskollege riet mir aber dazu gleich alle Kondensatoren auszutauschen. Nachdem wir etliche Wochen auf die Lieferung der Elkos gewartet hatten (aus irgendeinem Grund war genau der gewählte Ersatztyp mehrfach von Lieferengpässen betroffen, evtl. eine Nebenwirkung der COVID-19-Pandemie) befand sich das Netzteil wieder in meinem Besitz... und stand erst ein paar Wochen auf dem Regal und dann in einer Kiste in der Retro-Ecke.

Ich muss zugeben, dass ich keine so große Motivation verspürt hatte den Rechner wieder in das alte Gehäuse zu transferieren, was gleich mehrere Gründe hatte:

Was mich am Sky-Mini-Gehäuse gestört hat war der Stilbruch. Die Eco-Taste hat so gar keinen Sinn ergeben und auch sonst ruft quasi alles an diesem Gehäuse "hier wohnt ein 150-MHz-Rechner", was einfach hinten und vorne nicht stimmt. Auf der anderen Seite war ja gerade das der Clou, ein 10 Jahre älterer XT in einem neuen Gehäuse, statt wie man öfter sieht neue Technik in einem markanten "historischen" Gehäuse. Ich war unentschlossen.

Dann kam Christian, bzw. ich fand seine Suchen-Anzeige bei eBay Kleinanzeigen. Er hat nach genau einem solchen Highscreen Sky Mini gesucht um sich wieder einen DOS-PC auf Basis eines Pentium 200 zu bauen, nachdem er diesen vor Jahren weggegeben hatte und sich nun darüber grämt. Da ich dies nur zu gut verstehen kann und ich ohnehin schon am Schwanken war, habe ich mich dazu entschlossen den XT-Klon wieder in sein ursprüngliches Gehäuse zu bauen und Christian den Sky Mini zu überlassen.

Los geht's

Als erstes habe ich das ursprüngliche Gehäuse wieder hervorgekramt und gründlich gereinigt. Das Innere habe ich mit meinem CompuCleaner auf der Dachterrasse ausgeblasen. Der CompuCleaner funktioniert quasi genau umgekehrt wie ein Staubsauger und ersetzt für meine Zwecke ein Druckluftgebläse. Ist nicht ganz das Gleiche, aber hat super funktioniert und macht nicht ganz so viel Lärm. Die "Luftkur" hat für das Innere des Gehäuses völlig ausgereicht; die Frontblende habe ich jedoch abgeschraubt und in der Badewanne mit Seife und Zahnbürste abgeschrubbt.

Als nächstes habe ich alles aus dem Mini-Tower ausgebaut und im Zimmer verteilt. Danach habe ich mir viel Zeit dabei gelassen das Mainboard in das neue (also alte) Gehäuse einzubauen. Ich hatte auf alten Fotos nach den Bohrungen gesucht um sicherzugehen, dass ich an den richtigen Stellen Schrauben und an den anderen Stellen Mainboardhalter mit Plastiknasen eingesetzt habe. Nachdem das geklärt war (Notiz an mich selbst: das nächste mal einfach gleich irgendwas greifen, die lange Suche nach den Haltern mit dem gleichen Gilbfaktor war echt unnötig) kam das Gefummel mit den Kabeln: die Leitungen für Reset, Keylock und die Turbo-LED hatten recht genaue Vorstellungen, wo sie liegen wollten, nämlich wie zuvor unter dem Mainboard. Auch das habe ich gemäß der alten Aufnahmen rekonstruiert. Soweit hat alles geklappt, aber natürlich war wieder eine Schraube dabei, die nicht richtig greifen wollte und immer kurz vor fest aus dem Gewinde gesprungen ist und dann wieder lose war. Nach gefühlt drei Runden mit Mainboard rein und Mainboard raus habe ich eine passende Sechskant-Distanzhülse für drunter gefunden, in welcher die originale Mainboard-Schraube richtig gegriffen hat.

Die nächste Baustelle hieß XT-CF-Lite. Ich hatte mich beim ersten Umbau schon sehr lange über diese Steckkarte geärgert, weil sie in mindestens zwei Gehäusen (dieses und ein PS/2 Modell 30) nicht richtig passen wollte. Entweder man konnte die Blende nicht festschrauben, oder es war irre viel Spannung auf Karte und ISA-Slot, mit der weiteren Nebenwirkung, dass der Slot für die CF-Karte von außen nicht richtig zugängig, sondern vom Metall des Gehäuses versperrt war. Ein anderer eBay-Verkäufer meinte es sei ein Bestückungsfehler, normalerweise gehöre dort ein CF-Halter mit ein paar Millimetern Abstand von der Leiterplatte drauf.
Ich habe inzwischen einen Kompromiss gefunden, mit dem die Karte sitzt und die CF-Karten eingeschoben werden können. Dabei ist die Leiterplatte mit nur einer der beiden Schraubverbindungen mit der Slotblende verbunden und die Slotblende nicht mit dem Gehäuse verschraubt. So richtig glücklich macht mich diese Art der Montage nicht, aber es ist ausreichend stabil und sieht von außen okay aus.

Etwas länger habe ich mich mit der LED für die Festplattenzugriffe aufgehalten. Zuerst hatte ich gar nicht an sie gedacht, weil da kein Kabel baumelte. Dies lag daran, dass Kabel und Stecker konzeptionell dem Festplattenlaufwerk zugeordnet (und dort sogar fest angelötet) waren, d.h. beim Ausbau mit verschwunden sind. Glücklicherweise hatte ich aber noch ein passendes Kabel inklusive mit "HDD" beschriftetem Stecker in der Bastelkiste (Innereien eines anderen Rechners). Dieses hat gut auf die LED-Beinchen gepasst (an die man natürlich nur durch Abschrauben des ganzen "Front-Kästchens" kam), war schnell auf der XT-CF-Lite angeschlossen und -- kein Licht. Verpolt? Drei mal kontrolliert: nö. Multimeter ausgepackt, diverse Steckbrett-Strippen angeschlossen, vorne und hinten probiert, LED an Labornetzteil getestet... eigentlich alles okay, nur die LED-Beinchen waren etwas gammelig. Freigekratzt, angeschlossen, geht. Natürlich.

Der Einbau der Floppy-Controller-Karte war wieder ein Wagnis (zur Erinnerung: die Karte hat volle Baulänge und steckt somit vorne in den Führungsschienen der Gehäusevorderseite): entweder ist die Karte zu lang, oder das Gehäuse zu kurz. Einerseits war die Karte nur durch leichtes Verbiegen des Gehäuses zum "Durchrutschen" in den ISA-Slot zu bringen, andererseits war die Karte nach dem Loslassen leicht nach unten durchgebogen. Aber das entsprach dem Zustand, in dem ich diese Karte in diesem Gehäuse vorgefunden hatte... also... muss sie damit klarkommen. Das Anschließen des 5,25"-Diskettenlaufwerks war kein Problem, aber beim 3,5"-Diskettenlaufwerk war der erste Teil der Bastelsession vorbei: nicht nur das Fehlen eines Einbaurahmens hat die Fertigstellung verhindert, sondern auch das Fehlen eines passenden Stromanschlusses. Natürlich waren am XT-Netzteil nur die großen Molex-Stecker dran, keine kleinen wie sie an 3,5"-Diskettenlaufwerke kommen.

Damit war erst einmal eine Bestellorgie angesagt:

Das Praktische daran, wenn man nur an Wochenenden zum Basteln kommt: normalerweise ist die Zeit dazwischen lang genug für einen kompletten Bestell-/Liefer-Zyklus und die Teile sind bei der nächsten Bastelsession vorhanden.

Die zweite Bastelsession

Leider war für das Diskettenlaufwerk kein beigefarbener Einbaurahmen aufzutreiben. Ich hatte zunächst über einen Eigenbau aus Holz nachgedacht, dann aber den Aufwand gescheut und eine Hybrid-Lösung in Betracht gezogen: ein schwarzer Rahmen aus Kunststoff (InLine Artikel-Nr. 03700B), bei dem ich die Front absägen und durch Sperrholz ersetzen wollte. Das sah an sich auch machbar aus, aber zuvor wollte ich das Laufwerk überhaupt erst mal einbauen und richtig testen. Tja, was soll ich sagen... als das Laufwerk erst einmal eingebaut war trat der Wunsch nach einem weiteren Arbeitsschritt irgendwie in den Hintergrund.
Tatsächlich hatte ich erwartet, dass mich der Kontrast aus einem beigen Laufwerk in einem schwarzen Einbaurahmen viel stärker triggert als es nun tatsächlich der Fall war. Vermutlich liegt es daran, dass um den schwarzen Rahmen herum wieder eine andere Farbe folgt, diesmal eher grau. Was mehr stört ist die glänzende Oberfläche der Blende, hier wäre eine matte Struktur irgendwie passender. (Auf dem Produktfoto sah das auch matt aus.)

Nachdem der Test des Laufwerks positiv ausgefallen war ging es an den endgültigen Zusammenbau. Zu dem Zeitpunkt dachte ich noch "das war ja einfach", ein Kardinalfehler beim Basteln. Da ich bei der Reinigung des Gehäuses ganz sicher sein wollte, dass auch die Bohrlöcher der Frontblende gut ausgetrocknet sind, hatte ich diese noch nicht wieder befestigt. Dies war jetzt der nächste Schritt und ebenfalls noch keine Herausforderung. Doch beim Versuch die Haube von vorne aufzuziehen hat sich schnell gezeigt, dass dort irgendetwas blockiert: die Blende des Einbaurahmens. Ich fand den kleinen Spalt zum 5,25"-Diskettenlaufwerk schon die ganze Zeit verdächtig, aber nun hat sich gezeigt, dass das 3,5"-Laufwerk tatsächlich eine Winzigkeit zu tief sitzt. Und das, obwohl hier nur runde Löcher beteiligt waren, also keine Slots in denen das Laufwerk ausgerichtet werden kann. Zum Glück hat das Lösen, Anheben und erneute Festschrauben gereicht um den kleinen Spalt noch ein bisschen kleiner zu machen -- und die Haube ließ sich aufsetzen.

Sehr schön, alles passt, alles zu. Monitor wieder dran, Tastatur dran, Einschalten, "Bad Keyboard". Keine Panik, das ist normal: die Modell-M-Tastatur kann sowohl XT als auch AT, hat aber keinen mechanischen Umschalter. Stattdessen lernt sie vom PC welches Protokoll gesprochen wird und schaltet dann automatisch um. Nur der PC muss danach noch mal resettet werden, damit das "Bad Keyboard" weggeht. Also auf den Reset-Knopf gedrückt und -- nichts! Kein Reset.
In einem PC gibt es vermutlich keine Funktion die so simpel ist wie der Reset: ein Taster, der zwei Pins auf dem Mainboard verbindet, angeschlossen über ein Kabel. An der Gehäusefront war der Taster mit den Kabeln fest verlötet, also kann es eigentlich nur der Stecker auf dem Mainboard sein. Wieso auch immer der seit dem letzten Auf und Zu des Gehäuses beleidigt sein sollte. Um sicher zu gehen habe ich ihn abgezogen, mit Steckbrett-Strippen und Krokodilklemmen das Multimeter verbunden, auf Durchgangsprüfung gestellt, Taster gedrückt und ein leises, etwas kratziges Piepsen gehört. So richtig sauber geschlossen war der Kontakt nicht, Übergangswiderstand von ca. 7 Ohm. Ist jetzt nicht das Gelbe vom Ei, aber sollte für einen sauberen Reset reichen; was kann das Mainboard schon als Pullup-Widerstand haben, ein paar Kiloohm werden es schon sein. Stecker also wieder angeschlossen, noch mal probiert -- geht. Natürlich.

Fazit

Inklusive der gründlichen Reinung, den Trollversuchen beim Zusammenbau und den etwas übertriebenen Anstrengungen alles in den Originalzustand zurück zu versetzen hat der Umzug vielleicht 8 Stunden in Anspruch genommen, verteilt auf zwei Wochenenden. War es das wert? Klares Ja. Nachdem der Umbau abgeschlossen war habe ich noch einen VGA-Röhrenmonitor geholt, die serielle Kugelmaus nebst Mauspad angeschlossen, eine Diskettenbox aufgeklappt und das Gefühl war da: jetzt stimmt alles!

Das neue alte Gehäuse:
so sieht ein "echter" XT-Klon aus
v20-badge.xcf
Größe: 610 x 610 Pixel
Maße: 25 mm x 25 mm

Alles? Fast alles: da ist noch eine kleine quadratische Fläche von einem Quadratzoll Größe, die nach einem Aufkleber schreit. Hier habe ich wieder zu Gimp gegriffen und einen der beiden Aufkleber angepasst. Diesen noch angebracht und ich war wirklich zufrieden. Für jetzt zumindest, man weiß ja nie...


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